Überblick über sekundäre Pflanzenstoffe und andere pflanzliche Wirkstoffe

Überblick über sekundäre Pflanzenstoffe und andere pflanzliche Wirkstoffe

Den Pflanzen dienen sie als Duft-, Farb- oder Geschmacksstoff. Aber im menschlichen Körper haben sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide, Herzglykoside oder Cumarine sowie ätherische Öle eine vitalisierende, wenn nicht sogar therapeutische Wirkung. Die wichtigsten Stoffe lernen Sie hier kennen – von A wie Alkaloide bis Z wie Zyanglykoside.

Inhaltsverzeichnis

Von A wie Alkaloide bis Z wie Zyanglykoside

Eine einzelne Pflanze kann gut und gerne Tausende Inhaltsstoffe enthalten. Vitamine und Minerale sind allen Menschen ein Begriff, auch Gerbstoffe, Flavonoide, Bitterstoffe oder ätherische Öle erfreuen sich relativ großer Bekanntheit. Aber wer kennt schon Saponine, Cumarine, Proanthocyane und Herzglykoside? Sie zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen. Von diesen soll es mehr als 100.000 geben, rund 10.000 kommen in zum Verzehr geeigneten Pflanzen vor.

Feld mit Kardendisteln, im Gegenlicht fotografiert
Die Wilde Karde: Reich an sekundären Pflanzenstoffen und ätherischen Ölen (© normankrauss – Adobe.com)

Dienen der Pflanze als Duft-, Farb- und Geschmacksstoff

Man nennt die Stoffe sekundär, weil sie nicht der Ernährung der Pflanze dienen. Trotzdem haben sekundäre Pflanzenstoffe als Duft-, Farb- und Geschmacksstoffe eine große Bedeutung. Zum Beispiel locken sie nützliche Insekten an oder wehren lästige Schädlinge ab.

Bis vor wenigen Jahrzehnten ging man vielfach davon aus, dass sekundäre Pflanzenstoffe zwar für Pflanzen bedeutsam sind, aber nicht für uns Menschen. Heutzutage ist das anders, nennenswerte Effekte auf Gesundheit und Wohlbefinden sind bekannt.

Ein komplexes Zusammenspiel vieler Inhaltsstoffe

Dadurch, dass pflanzliche Substanzen verstärkt Gegenstand intensiver Forschung sind und auf ihre Bioaktivität untersucht werden, weiß man zum Beispiel, dass ausgesuchte sekundäre Pflanzenstoffe eine positive Wirkung auf die Verdauung, den Blutdruck, das Immunsystem oder den Cholesterin- und Blutzuckerspiegel haben können. Aufgrund dessen dienen immer mehr Kräuter als Ausgangsmaterial für die Synthese oder Isolierung konventioneller Medikamente.

Doch Schulmedizin ist keine Pflanzenheilkunde. Häufig zeigt sich das Problem, dass man zwar die Wirkung einzelner Inhaltsstoffe kennt, doch deren Einzelanwendung nicht zum gewünschten Erfolg führt. Heilpflanzen zeichnet ein komplexes „Teamwork“ verschiedener Inhaltstoffe aus, doch deren Arbeitsaufteilung ist in vielen Fällen schleierhaft.

1. Hilfe bei Infektionen

Neembaum und Einjähriger Beifuß haben sich von Malaria bis Borreliose bei Infektionen mit Bakterien, Viren oder Pilzen bewährt.

Der Wert der ganzen Pflanze: Sie wirkt als Einheit

So hat man beispielsweise herausgefunden, dass die zermahlenen Blätter des Einjährigen Beifuß Malaria effektiver bekämpfen als der daraus isolierte Wirkstoff Artemisinin, dessen synthetisches Derivat Artesunat die Grundlage des einzigen wirksamen Malaria-Medikaments bildet und 2002 von der WHO in die „Liste unentbehrlicher Arzneimittel“ aufgenommen wurde.

Offensichtlich gibt es in den Blättern Stoffe, die für sich genommen keinen Effekt auf Malaria-Erreger ausüben, aber im Zusammenspiel mit Artemisinin schon. Überrascht das? Nein, wer eine Uhr zerlegt, kann durch die Identifizierung bestimmter Einzelteile auch nicht unbedingt deren Funktionsweise erkennen oder die Zeitrechnung erklären. Entsprechend verhält es sich mit Pflanzen und deren Inhaltsstoffen.

Ganzheitliche Auszüge bilden das volle Wirkstoffspektrum ab

Um Pflanzenstoffe optimal und gegebenenfalls auch therapeutisch nutzbar zu machen, gibt es daher nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Pflanze als Ganzes verzehren („Nahrung“), oder die Pflanze mazerieren („Medizin“). Bei der Mazeration handelt es sich um ein traditionelles Extraktionsverfahren, das durch Auslaugung ganzheitliche Auszüge des gesamten pflanzlichen Wirkstoffspektrums ermöglicht. Das heißt: Das Potential von Koriander, Bärlauch oder Kardenwurzel wird bei Zimmertemperatur im Kaltauszug produktiv gemacht. Dazu vermengt man die gewünschten Kräuter in einem spezifischen Ansatzverhältnis mit Alkohol und Wasser. Einige Wochen später sind sämtliche Wirkstoffe in die Flüssigkeit übergegangen. Das Resultat sind Tinkturen wie unsere Kräuterbitter-Konzentrate . Sie verfügen über den höchstmöglichen Anteil sekundärer Pflanzenstoffe und ätherischer Öle und vitalisieren so den Stoffwechsel optimal. Nachfolgend eine Darstellung der wesentlichen Wirkstoffe.

1. Alkaloide: Gruppe stickstoffhaltiger, meist alkalisch reagierender Verbindungen, die überwiegend eine stark ausgeprägte Wirkung auf Mensch und Tier ausüben – entweder heilsam wie beim tropischen Immergrün, oder giftig wie bei Eisenhut und Tollkirsche. In der Naturheilkunde werden Alkaloide wegen ihr krampf- und schmerzlindernden Eigenschaften geschätzt. 

2. Anthrachinone: Naturstoffe, die von Samenpflanzen und Pilzen gebildet werden. Anthrachinone (auch: Anthranoide) kommen unter anderem in Medizinalrhabarber, Aloesaft und Sennesblättern vor und haben eine stark abführende Wirkung. In geringerer Dosierung verhelfen Anthrachinone zu einem leichteren Stuhlgang. 

3. Ätherische Öle: Bedeutsamer therapeutischer Pflanzenstoff für viele verschiede Anwendungsgebiete, der auch in der Lebensmittelindustrie Verwendung findet. Ätherische Öle bestehen aus fettlöslichen, leicht flüchtigen Substanzen und haben einen ausgeprägt aromatischem Duft.

4. Bitterstoffe: Chemisch keine einheitliche Gruppe, gemeint sind Verbindungen mit bitterem Geschmack. Bitterstoffe regen die Magen- und Gallensaftsekretion an und damit den Appetit. Außerdem stärken Bitterstoffe den Verdauungstrakt, was wiederum die Nährstoffaufnahme und Verdauung fördert. Ein Bitterstoffklassiker ist der Wermut.

5. Cumarine: Finden sich überwiegend in Pflanzen der Familien der Dolden- und Rautengewächse. Man kennt rund 500 verschiedene Cumarine. Sie haben verschiedene Eigenschaften, die insbesondere für blutgerinnungshemmende Arzneistoffe genutzt werden. Oft sind Cumarine mit dem ätherischen Öl der Pflanze vergesellschaftet.

6. Flavonoide: Zählen zu den Phenolen. Mengenmäßig sind Flavonoide mit 6500 Verbindungen die verbreitetsten sekundären Pflanzenstoffe. Ihr Name leitet sich von flavus ab, dem lateinischen Begriff für „gelb“. Flavonoide verleihen vielen Früchten und Blüten wie der Zitrone ihre charakteristische gelb-weißliche Farbe. Zudem bieten sie Pflanzen einen starken Schutz vor schädlichen Einflüssen und finden daher in der Naturheilkunde als Antioxidans Verwendung.

7. Gerbstoffe: Gehören zur Gruppe der Phenole. Kommen in allen Pflanzen vor. Eingelagert in der Rinde oder den Blättern machen sie Pflanzen möglichst so ungenießbar, dass sie Tieren nicht zum Fraß fallen. In der Pflanzenheilkunde verwendet man Gerbstoffe zur Behandlung von Krampfadern, zum Stillen von Blutungen, bei Diarrhö und Hautbeschwerden.

8. Glucosinolate: Wesentlich in Kreuzblütengewächsen wie Rettich, Radieschen und Kresse enthalten, daher auch der Name Senföle. Werden beim Kauen durch das pflanzeneigene Enzym Myrosinase aufgespalten, was einen scharfen Geschmack und Geruch hervorruft. Diese dienen der Pflanze vor Fraßschäden und mikrobiellem Befall. Glucosinolate können beim Menschen Hautreizungen und Entzündungen hervorrufen. Fördern bei Entzündungen in Form von Umschlägen den Blutfluss.

9. Herzglykoside: Stark wirksame Substanzen, die von niederen Wirbeltieren und Pflanzen als Fraßschutz gebildet werden. Herzwirksame Glykoside sind zum Beispiel Digoxin, Digitoxin und Gitoxin. Sie steigern die Aktivität und Kontraktionskraft des Herzens und werden als isolierte Verbindung zur Behandlung von Herzinsuffizienz eingesetzt. Herzglykoside haben aber auch eine harntreibende Wirkung.

10. Mineralstoffe: Lebensnotwendige anorganische Nährstoffe, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Meist nur Minerale oder Mineralien genannt. Sie werden von Pflanzen aus dem Boden aufgenommen und in eine für den menschlichen Körper nutzbare Form umgewandelt. Man unterscheidet Mengen- oder Makroelemente (mehr als 50 mg pro kg Körpergewicht) und Spuren- oder Mikroelemente (weniger als 50 mg pro kg Körpergewicht). Calcium, Kalium, Magnesium  und Natrium zählen zu Ersteren, Eisen, Fluor, Jod, Mangan, Selen und Zink zu Letzteren.

11. Phenolsäuren: Zählen neben den Flavonoiden und Gerbstoffen zu den Phenolen bzw. Polyphenolen und kommen in fast allen Samenpflanzen vor. Während Flavonoide eher für die Farbgebung zuständig sind, agieren Phenolsäuren als Sheriff: Mit ihrer antioxidativen Wirkung schützen sie Zellen vor den aggressiven Einflüssen freier Radikaler. Unter den sekundären Pflanzenstoffen stellen Phenolsäuren die mengenmäßig am meisten mit der Nahrung verzehrte Gruppe dar.

12. Polysaccharide: Mehr- bzw. Vielfachzucker kommen in allen Pflanzen vor. Als Speicherstoff und Nahrungsgrundlage spielen Polysaccharide für Pflanzen, Menschen und Tiere eine zentrale Rolle. Zellulose ist das am häufigsten vorkommende Polysaccharid. Auch Gummiharze und Schleime gehören zu den Polysacchariden. Sie nehmen leicht Wasser auf und können als kolloidale Masse zur Behandlung trockener Haut oder entzündeter Darmschleimhäute dienen. 

13. Proanthocyane: Polyphenolische Substanz, die große Ähnlichkeit mit Gerbstoffen und Flavonoiden hat, und entsprechend bei vielen Pflanzen für die Farbgebung von Früchten und Blüten zuständig ist, insbesondere bei Beeren. Proanthocyane haben eine starke antioxidative Wirkung. Ihr hohes Aufkommen in Cranberries macht sie für die Behandlung von Blasenentzündungen  interessant.

14. Saponine: Die Bezeichnung leitet sich von sapo ab, dem lateinischen Begriff für „Seife“. Saponine schmecken meist bitter und sind in hohem Maß in Hülsenfrüchten, Spinat, Spargel und Hafer enthalten. Pflanzliche Steroidsaponine ähneln Östrogen, Cortisol und anderen menschlichen Steroidhormonen und zeigen häufig Hormonaktivitäten. Aufgrund dessen eignet sich zum Beispiel die Wilde Yamswurzel ideal zum sanften Aufbau eigener Hormone im Klimakterium.

15. Zyanglykoside: In geringer Dosierung haben Zyanglykoside eine beruhigende und entspannende Wirkung auf Muskeln und Herz. Zyanglykoside sind beispielsweise in den Blättern des Schwarzen Holunders enthalten, der eine lindernde Wirkung auf Reizhusten hat.

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